Jan Fleischhauer

"Ich bin einer der letzten Mainstream-Journalisten"

05.02.2020

Jan Fleischhauer ist Provokateur aus Überzeugung. Nach 30 Jahren beim Spiegel wechselte er im vergangenen Sommer zum Focus. Gegenüber dem journalist erklärt er, warum er auch in seinem neuen Umfeld als Gegenpol verstanden wird.

"Mein Modus Operandi ist der Angriff", sagt Jan Fleischhauer im journalist. "Wenn ich schon verprügelt werde, dann für Dinge, die ich auch meine." (Foto: Robert Brembeck)

Beim Spiegel galt Jan Fleischhauer als konservativer Gegenpol in einem linksliberalen Umfeld. Im vergangenen Sommer wechselte der Kolumnist zum Focus – und fühlt sich dort gut aufgehoben. Zwar fehle hier die „direkte Reibung mit dem Nahumfeld“, sagt er im Interview mit dem journalist. „Aber der Kontrast, den die Leute an mir schätzen, besteht nicht zum Focus, sondern zum allgemeinen Medienumfeld. Ich werde als Gegenpol verstanden gegen das, was die Leute sonst so lesen und sehen.“  Insofern sei er weiterhin „einer der letzten Mainstream-Journalisten Deutschlands“, so Fleischhauer. Denn 40, 50, vielleicht 60 Prozent der Deutschen könnten sich in dem, was er schreibt, wiederfinden. „Ich schreibe nicht gegen den Mainstream an, ich schreibe gegen den journalistischen Mainstream, das ist ein Unterschied.“
Er selbst sieht sich in der journalistischen Tradition, die in die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückreiche, „wo Leute das große Wort geführt haben, die alle in meinem Bücherregal stehen, wie Karl Kraus, wie Kurt Tucholsky, wie Alfred Kerr.“ Oder auch Anton Kuh, „den heute kaum noch einer kennt und von dem der schöne Satz stammt: ‚Warum sachlich, wenn es auch persönlich geht.‘“ Die Beleidigung erklärt Fleischhauer als „eine eingeführte Stilform“ – dabei habe er stets den Anspruch, dass die Beleidigung „originell ist, nicht platt“. Jan Fleischhauer: „Und damit die Richtung stimmt, versuche ich mich an einem Grundsatz von Harald Schmidt zu halten: Keine Witze über Leute, die weniger als 20.000 Euro im Monat verdienen.“
„Mein Modus Operandi ist der Angriff“, so Fleischhauer gegenüber dem journalist. „Ich habe noch nie für eine Sache getrommelt, ich bin bei keinem Missionswerk dabei, ich will die Welt nicht verbessern.“ Ein Motiv für das Dagegensein sei „sicher der Überdruss über das komische Einverständnis, das in weiten Teilen unseres Gewerbes herrscht“. Fleischhauer sagt: „Bei mir ist möglicherweise ein gewisser Widerspruchsgeist stärker ausgeprägt als bei anderen. Dazu eine Lust an der Provokation, um sich das Leben interessant zu halten.“ Allerdings sei die Provokation keineswegs bloße Pose, er sei nicht „aus Jux und Dollerei dagegen“, so der Kolumnist. „Ich bin im Kern überzeugt von dem, was ich schreibe. Wenn ich schon verprügelt werde, dann für Dinge, die ich auch meine.“
Politisch will sich Fleischhauer in keine Schublade einsortieren lassen. Er sagt: „Bei mir bekommen alle ihr Fett ab.“ Das gelte auch für die AfD. Was ihn aber von einer Reihe von Kollegen unterscheide: „Ich habe keinen inneren Kampfauftrag, die AfD klein zu halten oder ihre Repräsentanten als Nazis zu entlarven. Die entlarven sich mit dem, was sie sagen, schon selbst“, so Fleischhauer. „Den ganzen Wahnsinn, den einer wie Höcke ausstrahlt, der Gauland mit seinem Vogelschiss, das kriegen die Menschen doch mit.“ Was ihn interessiere, sei die Frage, warum Leute wie Höcke und Gauland trotzdem gewählt werden. Genau diese Frage kümmere „ganz viele in unserem Gewerbe in Wahrheit nicht“, wirft Fleischhauer seinen Berufskollegen vor. „Sie haben eine Meinung dazu, sie finden die AfD einfach Scheiße. Aber das ist keine Erklärung. Nicht die Neugier ist die vorherrschende Tugend im deutschen Journalismus, sondern die Beurteilung.“ Das komplette Interview mit Jan Fleischhauer lesen Sie in der Jan/Feb-Ausgabe des journalists. Darin spricht Fleischhauer über die Kunst der Provokation, über das, was in Deutschland sagbar ist und warum er nicht zur neuen Rechten gezählt werden will. Probeheft? Mail mit Adresse an probeheft@journalist.de
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