Florian Klenk

"Korrektiv gegen die Vernebelung"

07.11.2019

„Die große Gefahr, die wir haben, ist die Rückkehr der Propaganda.“ Das sagt Florian Klenk, Chefredakteur des Wiener Falter. Im Gespräch mit dem journalist beschreibt er, wie es um die Demokratie und den Journalismus in Österreich bestellt ist.

"Wir sind das Korrektiv", sagt Falter-Chefredakteur Florian Klenk im journalist-Interview. (Foto: Robert Brembeck)


Florian Klenk, Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung Falter, ist nicht nur durch seine investigativen Recherchen bekannt geworden, sondern gilt auch als kritischer Beobachter der österreichischen Medienlandschaft. Im Interview mit dem journalist stellt er Österreich ein schlechtes Zeugnis aus: „Die große Gefahr, die wir haben, ist die Rückkehr der Propaganda.“ Jeder Journalist könne in Österreich zwar frei arbeiten, das Problem sei aber, „dass der Staat aufgerüstet hat, um seine Wahrheiten unters Volks zu bringen, und zwar so massiv, dass der Qualitätsjournalismus schwer durchdringt.“ Es gelte, „ein Korrektiv zu sein gegen die Vernebelung“. Journalisten müssten dabei auch lernen, den Provokateuren nicht auf den Leim zu gehen.

Florian Klenk, der mit dem journalist kurz nach der jüngsten Nationalratswahl sprach, erklärt, wie die Parteipropaganda in Österreich funktioniert hat. Zum einen habe die frühere Regierung von ÖVP-Chef Sebastian Kurz ihre Medienabteilung enorm ausgebaut. Zum anderen habe sie „damit begonnen, jede Woche, meistens am Wochenende, ein Thema zu setzen. Am Wochenende, weil die innenpolitischen Redaktionen der Zeitungen dann schlecht besetzt sind“, so Florian Klein. ÖVP und FPÖ hätten sonntags „pfannenfertige Texte und Geschichten an ihnen wohlgemeinte Medien“ rausgeschickt, die das dann „unkritisch und exklusiv als ‚Breaking News‘ übernehmen“.

Eine große Rolle bei der Verbreitung der Propaganda spielten aus Sicht von Florian Klenk die Postings über Social Media, die von Klick-getriebenen Boulevardmedien aufgegriffen werden. Der ehemalige Vize-Kanzler und langjährige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache habe beispielsweise seine Postings „durch das wechselseitige Zitier-Pingpong mit der Konen-Zeitung“ verstärken können. Provokation sei ein wechselseitiges Geschäft. „Die Boulevardmedien wissen, wenn sie den Herrn Strache zitieren, gehen die Zugriffe nach oben und damit verdienen sie Geld. Und Strache weiß, je öfter er in den Massenmedien online zitiert wird, desto mehr Leute liken seine Seite, er wird algorithmisch nach oben geranked und taucht verstärkt in den Feeds dieser Leute auf.“ Florian Klenk: „Social Media, gerade von Parteien, ist für mich längst eine fünfte Gewalt im Staat.“

Mit Blick auf das Erstarken der AfD in Deutschland, sagte Florin Klenk, dass man sich darauf vorbereiten sollte, dass diese Partei irgendwann irgendwo mitregieren – und dann nach ähnlichem Muster vorgehen werde. „Erstens: Sie schaffen ihre eigenen Medien, die so aussehen wie unsere. Zweitens: Sie diskreditieren unsere Medien als ‚Fake News‘ und nennen ihre ‚Fakten-News‘, obwohl es genau umgekehrt ist. Drittens: Sie bauen sich Social-Medien-Kanäle auf, die ihre Medien dauernd zitieren, verknüpfen sie mit den Boulevardmedien, die das verstärken, greifen uns persönlich an und gehen dann an die letzte Institution, den unabhängigen, öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den sie in einen budgetfinanzierten Rundfunk umbauen, der nicht mehr durch die Gebührenzahler finanziert wird, sondern sein Budget vom Finanzministerium zugeteilt bekommt.“

Das ausführliche Interview mit Florian Klenk lesen Sie in der November-Ausgabe des journalists.
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