Arnd Zeigler

Wundersame Welt

07.10.2019

Der beliebte Fußballjournalist Arnd Zeigler hat ein Geschäftsmodell entwickelt, das ihm erlaubt, sich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, von den Profiklubs und von den größten Fußballsponsoren gleichermaßen bezahlen zu lassen. Das Gute für ihn: Niemand stört sich daran. Von Thilo Komma-Pöllath

Arnd Zeiglers wunderbare Welt: beliebt bei Fußball-Fans und Fußball-Sponsoren. (Foto: WDR/Ben Knabe)


Wenn ein renommierter Journalist einen eigenen Pressesprecher unterhält, der zum Einsatz kommt, wenn es gilt, sein berufliches Ethos zu erklären, dann ist das eher keine gute Nachricht. Arnd Zeigler (54) ist einer der beliebtesten Fußballjournalisten des Landes, hochdekoriert dazu: Er ist Sportjournalist des Jahres und war für seine Fernsehshow Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs, die seit 2007 wöchentlich im WDR, seit 2013 im Sportschau Club der ARD läuft, zweimal für den Grimme-Preis nominiert. Die TV-Sendung ist eine federleichte Tour de Force durch die Absurditäten der Bundesliga-Historie, basiert auf dem aktuellen Geschehen und Fundstücken aus dem Sportschau-Archiv des WDR. Zeigler ist Kult. Für Fußballfeuilletonisten und Ultras, also echte Fans, ist er eine der Symbolfiguren gegen die totale Kommerzialisierung des Spiels.

Man kann Zeigler aber auch anders sehen. Ende Juli hat Zeigler seine Wunderbare Welt des Fußballs im Rahmen des Audi Cups im VIP-Bereich der Münchner Allianz Arena aufgebaut und „in gewohnter Weise“ Interviews mit den Spielern und Spielanalysen vorgenommen, so heißt es bei Auftraggeber Audi. Auf einer Website von Zeiglers Agentur Lars Meier Management & PR ist ein Foto von Zeiglers Audi-Studio gepostet. Die PR-Profis berichten von einer „ganz besonderen Ausgabe“. Weiter heißt es: „Zwischen den Spielen interviewt Arnd die Legenden der Vereine und unterhält die Gäste mit Ausschnitten aus seinem Programm.“ Auf dem Foto ist zu sehen, wie Zeigler sich mit Manuel Neuer unterhält, er sitzt dabei auf einem Stuhl mit Audi-Ringen, ein stilisierter Adidas-Fußballschuh ist kameragerecht vorne am Schreibtisch platziert, im Hintergrund auf einem großen Bildschirm das offizielle Markenlogo seiner öffentlich-rechtlichen Fußballshow. Geht das so einfach?

An dieser Stelle hätte man gerne mit Arnd Zeigler darüber gesprochen: Ob er seine WDR-Show regelmäßig an andere große Fußballsponsoren verkauft und als Firmenevent inszeniert? Wie er als öffentlich-rechtlicher Fußballjournalist überhaupt direkt für Fußballsponsoren arbeiten kann? Doch dazu von ihm kein Wort, stattdessen von Lars Meier, dem Inhaber der Agentur, die Zeigler vertritt. Meier schreibt: „Der Auftritt bezog sich auf eine geschlossene Zielgruppe. Herrn Zeigler eine journalistische Fragwürdigkeit zu unterstellen, wäre ein Trugschluss. Herr Zeigler gilt als Bayern kritisch und hat auch in diesem Rahmen keine Gefälligkeitsinterviews geführt.“ Als freier Autor und Moderator werde er auch in Zukunft durch freie Engagements seinen Lebensunterhalt finanzieren. „Das ist Teil seines Jobs.“

Sein Sender, der WDR, sieht das offenbar ähnlich. Man sei über die Audi-Veranstaltung informiert gewesen, heißt es. Es stehe Zeigler frei, andere Aufträge anzunehmen. Dass er das Original-Logo seiner Sendung groß ins Schaufenster eines Autokonzerns stellt, stört den WDR nicht. Ob Material aus dem WDR-Archiv zum Einsatz kam, wisse man nicht; darüber gebe es keine Vereinbarung mit Zeigler, so die Pressestelle des Senders.

Wie sehr es sich bei Zeiglers VIP-Show um eine „geschlossene Zielgruppe“ handelt, wie Berater Lars Meier insistiert, wenn sie gleichzeitig in das Pressezentrum der Allianz Arena übertragen wird, sei einmal dahingestellt. Dass man es, wie Zeigler, zum „Sportjournalisten des Jahres“ bringen kann, wenn man sich gleichzeitig von einem öffentlichen-rechtlichen Sender, von den Profiklubs (Zeigler ist auch Stadionsprecher beim SV Werder Bremen) und den großen Fußballsponsoren (Audi) bezahlen lässt, macht das ganze Dilemma einer unabhängigen, kritischen Berichterstattung deutlich.

Zeigler-Sprecher Meier will auf die journalist-Fragen nicht eingehen, er hält sie für „konstruiert“. Nur so viel: „Der fehlende Wille bedeutet nicht, dass wir Dieselskandal oder andere Verwicklungen gutheißen.“ Es ging vor allem darum“, schreibt Meier, „dass der Spaß am Fußball auch Audi-Fahrern nicht vorenthalten werden soll“. Der neue Job der Symbolfigur Arnd Zeigler.

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Wundersame Welt: Ein Update

Thilo Komma-Pöllath ist Journalist, Autor und Blogger in München. Er schreibt für Magazine wie das Süddeutsche Zeitung Magazin, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Stern, Focus, Playboy und für Kundenmagazine wie das Lufthansa Magazin. Auf Eurosport.de ist er „Der LIGAstheniker“, der das wöchentliche Fußballgeschehen glossiert.


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