Tilo Jung

„Mein Format setzt voraus, dass sich die Zuhörenden ihre eigene Meinung im Kopf bilden“

06.11.2019

Günter Gaus ist sein Vorbild. Unbequeme Fragen sind sein Markenzeichen: Tilo Jung, Gründer von Jung & Naiv, erklärt im Interview mit dem journalist, warum sein Format das Politikinteresse fördert.

Die meisten Politiker sondern in Interviews erst mal ihre "Talking Points" ab, sagt Tilo Jung. (Foto: Jan Michalko)


Sein Markenzeichen sind unbequeme Fragen. Tilo Jung, Gründer des Politikformats Jung & Naiv, stellt sie Regierungssprechern, Politikern, aber auch Wissenschaftlern und verkörpert dabei den „durchschnittlich Ahnungslosen". Bei seinem Angebot, das vor allem 18- bis 35-Jährige nutzen, geht es Tilo Jung darum, „die Schwelle zu senken, sich mit politischer Diskussion auseinanderzusetzen – und zwar jenseits der klassischen Talkshow, die mehr durchgeplantes Theater als Debatte ist“.

Im Interview mit dem journalist erklärt Jung, was Jung & Naiv von der Polittalkshow unterscheidet: „Mein Format setzt voraus, dass sich die Zuhörenden ihre eigene Meinung im Kopf bilden“, sagt Tilo Jung. „Das finde ich viel faszinierender als in der Talkshow, wo man sich als Zuschauer eine von fünf Haltungen aussucht und damit in der eigenen bestärkt wird. Meinen Umgang mit politischer Willensbildung finde ich da erwachsener.“

Sein Vorbild sei Günter Gaus, sagt Tilo Jung. Gaus gab in den 60er Jahren den Anstoß für die Reihe „Zur Person“ und habe „von gegenseitigem Interesse geprägte Interviews geführt“. Er selbst wolle ebenfalls lernen, „Leute, die ich politisch vielleicht ablehne, als Personen interessant zu finden“. Vorteilhaft sei dabei, dass sein Format keine zeitliche Begrenzung habe. Er könne sich „alle Zeit der Welt nehmen, um Leuten wirklich zuzuhören“, so Tilo Jung zum journalist. Woanders bleibe für Nachfragen dagegen nur selten Zeit. „Wenn die Kamera mal bei Interviews von, sagen wir, Tina Hassel im 'Bericht aus Berlin' auf sie zoomt, sieht man, wie sie bei den Antworten immer wieder auf die vorbereiteten Fragen schaut. Und das Schlimme ist: Die Politikerinnen und Politiker wissen das ganz genau und sondern erstmal ihre Talking Points ab, also das, worum es ihnen geht.“

In den Bundespressekonferenzen, die er in kompletter Länge aufzeichnet, gehe es ihm vor allem darum, „durch meine Fragen zu zeigen, was die Bundesregierung preisgibt und was nicht“. Dass durch diese Art der Vorführung von politischer Kommunikationsunfähigkeit womöglich die Politikverdrossenheit befördert wird, verneint er. Er unterscheide „zwischen Politik- und Politiker- oder Parteienverdrossenheit“. Tilo Jung: „Erste gibt es aus meiner Sicht nicht, letztere schon. Und da finde ich es einerseits absolut förderlich, wenn deren Kommunikationsverhalten zwischen Propaganda und PR von der Bevölkerung erkannt und abgelehnt wird. Denn das ist schädlich und muss bekämpft werden.“ Die Präsentation der Pressekonferenzen führten allenfalls zu „Regierungsverdrossenheit“, so Tilo Jung.

Das ausführliche Interview mit Tilo Jung lesen Sie in der November-Ausgabe des journalists.
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