Die Verbrechen der Anderen

„Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Staatsangehörigkeit und Kriminalität“, sagt Tobias Singelnstein, Professor für Kriminologie und Strafrecht an der Goethe-Universität Frankfurt. Illustration: Christine Rösch
Im April erschießt die Polizei in Oldenburg Lorenz A., einen jungen Schwarzen Mann. Viele Medien verbreiten danach Falschmeldungen – wie so häufig, wenn es zu Gewalt durch Beamte kommt. Was muss sich ändern?
Text: Sonja Peteranderl
28.07.2025
Was genau in der Nacht zum Ostersonntag 2025 in Oldenburg geschah, wird noch ermittelt. Bekannt ist: Es kommt zu einem Streit vor einem Club, später feuert ein Polizist tödliche Schüsse auf Lorenz A. ab. Sie treffen ihn in Kopf, Oberkörper und Hüfte – von hinten. Offenbar wurde zuvor nicht einmal ein Warnschuss abgegeben. Der Schwarze deutsche Basketballer stirbt kurz vor seinem 22. Geburtstag. Sein Freundeskreis hat die Initiative Gerechtigkeit für Lorenz gegründet. Sie organisiert Gedenkveranstaltungen, fordert Aufklärung – und sie kritisiert die Medien.
Viele Medien haben nach den tödlichen Schüssen das Gerücht verbreitet, Lorenz A. habe die Polizei mit einem Messer bedroht oder angegriffen. Laut Übermedien war eine Bild-Meldung Ausgang der Verwirrung: ‚Messer-Angreifer’ hieß es dort. „Der Begriff ‚Messermänner’ ist zu einem Kampfbegriff geworden und bedient ein Narrativ, bei dem Schwarze Männer und People of Color immer wieder als Bedrohung wahrgenommen werden”, sagte Suraj Mailitafi, Sprecher von Gerechtigkeit für Lorenz, kürzlich der Plattform funky. „Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre das Narrativ nicht bedient worden, wäre Lorenz nicht Schwarz gewesen.”
Bei der Berichterstattung über Sicherheit, Kriminalität und Polizei legen Medien je nach Tat, Täter*innen und Opfer teils bewusst, teils unbewusst unterschiedliche Maßstäbe an – und machen immer wieder Fehler. Sie verbreiten falsche oder verkürzte Berichte, ordnen Ereignisse vorschnell ein und geben Polizeimeldungen fehlerhaft oder ungeprüft wieder. Politiker*innen oder Polizei-Lobbyist*innen bekommen medialen Raum, machen populistische Aussagen, ohne dass Journalist*innen das kritisch einordnen. So werden Diskriminierung und Polizeigewalt gegen marginalisierte Menschen oft nicht genug hinterfragt. Wie sieht eine verantwortungsvollere Berichterstattung aus?
„Kriminalität und Sicherheit sind immer Themen, das bewegen, weil sie stark emotional besetzt sind”, sagt Tobias Singelnstein, Professor für Kriminologie und Strafrecht an der Goethe-Universität in Frankfurt. Er ist Mitautor des Buchs „Die Polizei: Helfer, Gegner, Staatsgewalt“. „Medien berichten über Kriminalität oft auf eine eher dramatisierende Weise, es schwingt viel Emotion mit und sie tun sich schwer damit, Kriminalität aus einer wissenschaftlichen Perspektive einzuordnen.” Dabei ist Kriminalität Singelnstein zufolge „normal in einer Gesellschaft, wenn auch unter Umständen traumatisierend.” Medien müssten ihre Berichterstattung stärker darauf prüfen, ob ihre Wahrnehmung rassistisch geprägt ist, wenn sie von Bedrohungen sprechen.
Journalismus beeinflusst, welche Probleme sichtbar werden und wen die Gesellschaft für sie verantwortlich macht. „In der Berichterstattung spiegelt sich wider, was wir in Gesellschaft und Polizeiarbeit sehen: Dass bestimmte Kriminalitätsformen als besonders schwerwiegend und bedrohlich wahrgenommen werden und andere als weniger problematisch”, sagt Singelnstein. „Sogenannte Clankriminalität bekommt einen riesigen Stellenwert, während andererseits schwerwiegende Formen von Wirtschaftskriminalität als weniger dramatisch angesehen werden.” Wirtschaftsverbrechen wie Korruption, Geldwäsche, Steuerhinterziehung oder Betrug, die von Täter*innen aus einer höheren sozioökonomischen Schicht begangen werden, gelten häufig als Kavaliersdelikte, als weniger moralisch verwerflich. Dabei sind die Schäden durch Wirtschaftskriminalität enorm.
Nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit
Das Bundeskriminalamt veröffentlicht einmal jährlich die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS), die Daten der 16 Landeskriminalämter zusammenfasst. Die PKS bildet nur polizeilich registrierte Vorkommnisse ab, nicht das tatsächliche Kriminalitätsgeschehen – ein Ausschnitt der Wirklichkeit. Journalist*innen sollten mit den Daten vorsichtig umgehen, auf Limitationen hinweisen. Singelnstein sieht die „positive Entwicklung, dass die begrenzte Aussagekraft der PKS mittlerweile zum journalistischen Grundwissen gehört und Journalist*innen das bei der Berichterstattung entsprechend kontextualisieren.“ Man bräuchte aber andere Daten, um belastbare Schlüsse abzuleiten.
BKA und Länderpolizeien führen regelmäßig Opferbefragungen durch unter dem Titel „Sicherheit und Kriminalität in Deutschland“ (SKiD). Ansätze wie dieser seien Singelnstein zufolge „ein Schritt nach vorn”. Die Opferbefragung soll das Dunkelfeld erhellen, indem sie Opfererlebnisse aus der Bevölkerung, Anzeigeverhalten, Kriminalitätsfurcht und Einstellungen gegenüber der Polizei analysiert.
Terror, Mord und Totschlag bekommen besonders große Medienaufmerksamkeit. Und sogenannte Ausländerkriminalität. „Kriminalität wird gern Menschen zugeschrieben, die von außen kommen, die als nicht-deutsch oder fremd gelesen werden, anstatt uns das selbst anzuheften und uns zu fragen, was das mit uns als Gesellschaft zu tun hat”, sagt Singelnstein. Ein altes – wissenschaftlich nicht haltbares – Muster, das auch in anderen Gesellschaften existiere. In Deutschland hätten verzerrte, politisierte Kriminalitätsdebatten auch durch das Erstarken der AfD in den vergangenen Jahren massiv an Dynamik gewonnen, wie auch im Wahlkampf 2025. Nach Gewalttaten habe sich der Journalistin Gilda Sahebi zufolge ein „grausames Ritual“ eingeschlichen. „Wenn Eilmeldungen eines Attentats auf dem Handydisplay erscheinen, denken nicht alle gemeinsam an die Opfer, an die Menschen, die verletzt, traumatisiert oder gar getötet wurden”, kritisiert Sahebi in der taz. „Stattdessen beschäftigen wir uns mit der Frage: Welche Ethnien haben die Beteiligten? Wer ist Held, wer ist Täter, wer ist Opfer?“
Medien sollten die Nationalität von Verdächtigen oder Tätern nur nennen, wenn sie im Zusammenhang mit der Tat steht oder begründetes öffentliches Interesse besteht. So steht es im Pressekodex. Vorurteile könnten so vermieden werden. Stattdessen spielen Staatsangehörigkeit und Herkunft seit der Kölner Silvesternacht 2014/15 eine zentrale Rolle, wie Thomas Hestermann beobachtet, der an der Hochschule Macromedia zu Kriminalitätsberichterstattung forscht. Die Herkunftsnennung in den Berichten trifft in 80 Prozent der Fälle ausländische Tatverdächtige, eine extreme Verzerrung gegenüber der Kriminalstatistik. Weiße deutsche ‚Messermänner’, Gewalttäter oder Frauenmörder bleiben medial fast unsichtbar.
„Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Staatsangehörigkeit und Kriminalität.“
Sozialer Hintergrund ist entscheidend
In der Polizeilichen Kriminalstatistik 2024 sind ‚nicht-deutsche’ Tatverdächtige zwar überrepräsentiert, doch die Kategorie ist wenig aussagekräftig. Sie sammelt diverse Gruppen wie Tourist*innen, Pendler*innen, Geflüchtete, Menschen, die in Deutschland geboren wurden oder seit Jahrzehnten in Deutschland leben. „Wenn überhaupt, müsste man sich eher die Teilgruppen angucken, unter was für Bedingungen sie leben, wie ihre Sozialstruktur aussieht”, sagt Singelnstein. „Denn es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Staatsangehörigkeit und Kriminalität.” Die sozialen Hintergründe, die entscheidend seien für Kriminalität, würden häufig nicht diskutiert. „Wenn Medien die Staatsangehörigkeit nennen, suggerieren sie damit, dass dieses Kriterium tatsächlich irgendeine Bedeutung dafür hätte, ob jemand Straftaten begeht oder nicht“, kritisiert Singelnstein. „Die Debatte ist rassistisch geprägt, ihr liegt das Ressentiment zugrunde, dass diese Menschen mehr Straftaten begehen und man dies deswegen dokumentieren müsse.”
Studien offenbaren, dass als ‚fremd’ wahrgenommene Personen häufiger kontrolliert und angezeigt werden. Auf der anderen Seite wenden sich Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, seltener an die Polizei. Der Mediendienst Integration oder Neue deutsche Medienmacher*innen unterstützen Journalist*innen dabei, problematische Narrative zu entlarven.
Kein Copy-and-Paste
Vor allem in Nachrichtenlagen ist die Verwirrung groß. Gleichzeitig ist der öffentliche Informationsbedarf immens, gerade bei Gewalttaten oder Gefährdungen in der direkten Umgebung von Bürger*innen. „Medien stehen unter dem Druck, dass sie schnell etwas präsentieren müssen”, sagt Singelnstein. Die Polizei sei dann nun mal die Institution, die als erstes einen Bericht verfasst. Medien bevorzugen Polizeien als Quelle, sie gehen davon aus, dass die Informationen korrekt sind. „Die Polizei ist nie ganz neutral und objektiv, sondern hat immer eine spezifische Sichtweise auf das Geschehen”, warnt Singelnstein. „Gerade in Situationen, in denen die Polizei oder ihre Aktivitäten umstritten sind, wie bei Rassismus oder Diskriminierung, sollte sie nicht wie ein neutraler Akteur behandelt werden.”
2022 tötete ein Polizist den jungen Senegalesen Mouhamed Dramé mit fünf Schüssen. Dramé war suizidgefährdet, er befand sich in einer psychischen Ausnahmesituation, hielt sich im Hof einer Dortmunder Jugendeinrichtung ein Messer an den Bauch. Als Beamt*innen ihn mit Reizgas besprühten, lief er auf sie zu. Es gab keinen anderen Fluchtweg. Die Polizist*innen verbreiteten eine andere Version: Dramé habe sie mit dem Messer bedroht oder angegriffen. Auch der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul stützte dies. Alle Angeklagten wurden 2024 freigesprochen – mit dem Argument, der Schütze habe, wenn auch irrtümlicherweise, geglaubt, sich in einer Notwehrlage zu befinden.
Die Goethe-Universität Frankfurt hat die Studie „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamt*innen“ durchgeführt. Das Ergebnis: Mehr als 90 Prozent der Verfahren werden eingestellt, nur äußerst selten wird Anklage erhoben. Diskriminierung und übermäßige Polizeigewalt sollten nicht als Einzelfall präsentiert werden. 2024 erschossen Polizist*innen 22 Menschen, 2025 bislang elf, viele davon sind marginalisierte Menschen in psychischen Ausnahmesituationen. Diese Menschen erleben überproportional häufig Kontrollen, Übergriffe, Polizeigewalt. In einer Gesellschaft, in der Rassismus existiert, reproduziere die Polizei gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse und Diskriminierungsmuster, so Singelnstein. Nicht nur wegen rassistischer Einstellungen, die sich bei Beamt*innen unter Umständen finden, sondern auch strukturell, man denke an Praktiken wie Racial Profiling.
Journalist*innen sollten Einsätze, Proteste, Angriffe auf Polizist*innen und Zahlen zu verletzten Beamt*innen oder Demonstrierenden kritisch einordnen. Die Berliner Polizei tweetete vor ein paar Jahren, Linke hätten bei einer Räumung des Berliner Kiezladens Friedel54 den Türknauf unter Strom gesetzt. Einen Tag später korrigierten sie die Meldung – nach zahlreichen Berichten über einen ‚Anschlag’.
Nach Auseinandersetzungen zwischen mutmaßlich Linken und Polizist*innen in der Silvesternacht 2020 verschickte die Leipziger Polizei eine Pressemitteilung zu einem Beamten, der „notoperiert“ werden musste. Viele Medien hätten sie Investigativjournalist Aiko Kempen zufolge „Wort für Wort” übernommen. Kempen recherchierte, dass der Beamte nur eine oberflächliche Verletzung am Ohr hatte. „Trotzdem war die Geschichte von den massiven Ausschreitungen weiterhin in der Welt”, sagt er. „Wenn durch eine Polizeimeldung eine Version des Geschehens verbreitet wurde, lässt sie sich durch nachträgliche Korrekturen kaum einfangen – mit ihrer Reichweite und Glaubwürdigkeit hat die Polizei gewissermaßen die Herrschaft über die Wirklichkeit.”
Journalist*innen müssten sich von dem Bild lösen, dass Behördensprecher*innen gut gepflegte Kontakte sein sollten, sagt Kempen, der bei FragdenStaat Recherchen zu Sicherheit und Polizei betreut. „Ihre Auskunftspflicht gegenüber Journalist*innen ist in allen 16 Bundesländern per Gesetz festgeschrieben und hier hilft vor allem Hartnäckigkeit”, sagt Kempen. „Immer wieder nachfragen und auf Widersprüche in den Aussagen hinweisen, statt oft nichtssagende Behördenstatements zu akzeptieren.”
Hilfreich sind Antworten der Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen – oder eigene Anfragen über die Plattform FragdenStaat. In vielen Ländern gibt es Informationsfreiheitsgesetze, über die man tiefere Einblicke in Polizeiaktivitäten bekommt. Über das Sächsische Transparenzgesetz erhielt Kempen etwa Einsatzprotokolle des Leipziger Polizeikessels und konnte nachvollziehen, wie widersprüchlich die öffentliche Darstellung war und wie chaotisch der Einsatz ablief. Auch dass die Polizei etwa mit Zivilbeamten selbst im Kessel war, wurde dadurch belegt.
Seine Kolleg*innen bekamen Einsatzprotokolle der Berliner Polizei. „In mehreren Fällen mussten wir dafür erst klagen – mit dem Ergebnis, dass die Berliner Polizei die Dokumente freiwillig herausgab, weil recht klar war, dass sie vor Gericht verlieren würde”, sagt Kempen.
„Sogenannte Clankriminalität bekommt einen riesigen Stellenwert, während schwerwiegende Formen von Wirtschaftskriminalität als weniger dramatisch angesehen werden.“
KI reproduziert Fehler
Einige deutsche Medien nutzen KI, um Polizeimeldungen automatisiert oder teilautomatisiert aufzubereiten, darunter Bild oder das fränkische Portal inFranken.de. KI kann im Idealfall Ressourcen für tiefergehende Recherchen befreien – doch sie birgt gleichzeitig das Risiko, dass Fehler reproduziert werden oder erst entstehen. „Technisch ist es heute möglich, Polizeimeldungen vollständig mit KI zu automatisieren“, sagt Daniel Krüger, Leiter des KI-Teams bei inFranken.de. „Aber sensible Inhalte, die von KI umgeschrieben wurden, ungesehen zu veröffentlichen, würde ich höchst kritisch sehen, weil das gegen jegliche journalistische Ethik spricht – die Kontrolle durch die Redakteur*innen steht bei uns im Vordergrund.”
Seit Herbst 2024 nutzt die Redaktion von in Franken.de ein KI-System, um monatlich rund 220 Blaulichtmeldungen aufzubereiten. „Wir bekommen jeden Tag wahnsinnig viele Polizeimeldungen aus ganz Franken, das Interesse auch an kleineren Polizeigeschichten ist da. Aber wir haben nicht die Ressourcen, alles abzudecken”, sagt Krüger. Mit KI könne das Portal ohne großen redaktionellen Aufwand Regionen abdecken, in denen gerade keine „große Top-Story“ stattfinde.
Das KI-System, das auf ChatGPT setzt, extrahiert einzelne Meldungen aus E-Mails, bereinigt und vereinheitlicht die Informationen, speist sie ins CMS ein, schlägt eine Überschrift vor, versieht die Meldung mit Angaben wie Beschreibung oder Ortsmarke. Bilder müssen die Redakteur*innen selbst hinzufügen, die Funktion läuft technisch noch nicht einwandfrei. „Früher hätte es zehn Minuten gedauert, eine kleine Polizeimeldung zu bearbeiten, mit KI dauert es noch zwei”, sagt Krüger. Journalist*innen müssten achtsam sein, wenn sie Begriffe übernehmen. Die Polizei schreibt in Meldungen über Cannabis häufig noch „Betäubungsmittel”– obwohl es seit Inkrafttreten des Cannabisgesetzes 2024 rechtlich nicht mehr dazu zählt.
KI wird bei inFranken.de nur auf kleinere, unstrittige Polizeinachrichten angewandt. Unfälle mit kleineren Sachschäden oder Verkehrskontrollen. „Bei größeren Themen haken wir nach, gehen tiefer rein,” sagt Krüger. Bei Geschehen wie Unfällen mit Todesfolge oder Vergewaltigung würde er sich nicht auf die KI verlassen, auch bei Meldungen zu kleineren Vorfällen schaffe es das System nicht zuverlässig, den Kern des Geschehens herauszuarbeiten. Oft entstünde per KI nur „ein Teil des Textes. Trotzdem habe die Redaktion nun mehr Zeit für eigene Recherchen: „Wir können mehr Themen machen und große Themen intensiver bearbeiten: Hintergrundfragen an Polizei und Justiz stellen, mit Betroffenen sprechen oder Expert*innen befragen.”
Kai Dittmann ist Leiter Politik bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Ihm zufolge sollten Medien die Forderungen der Polizei nach mehr Personal, Budget und Überwachungstechnologie kritischer einordnen. Oft hätten diese nichts mit der tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung zu tun. In Deutschland fehle „eine echte evidenzbasierte Sicherheitspolitik”, kritisierte Dittmann auf der re:publica 2025. „Und es ist ein Trugschluss, dass das Sicherheitsgefühl wächst, mehr Menschen fühlen sich unsicher, obwohl die Kriminalität gesunken ist. „Wir leben in einem der sichersten Länder der Welt, haben seit Jahrzehnten Dunkelfelds”, sagt auch Tobias Singelnstein. In einzelnen Bereichen würden sich Trends ein bisschen nach oben oder unten verschieben, „aber insgesamt alles auf einem ganz normalen Niveau”. Für Dramatisierung gebe es eigentlich keinen Anlass.
Sonja Peteranderl berichtet als freie Journalistin vor allem über organisierte Kriminalität und Technologien.
Christine Rösch ist Illustratorin in Berlin.
Leitfaden Polizeiberichterstattung
Was sollten Medien bei der Berichterstattung über kriminelle Trends beachten? Wie kann der Fokus auf Täter, Gewalt und Terror aufgebrochen werden? Warum sind Polizeimeldungen und Polizeigewerkschaften nicht immer eine gute Quelle? In einem neuen Leitfaden gibt der journalist Tipps, wie eine verantwortliche Berichterstattung über Polizeiaktivitäten, Kriminalität, Täter*innen und Betroffene aussehen kann.
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